Ich vermisse RSS
Ich war schon immer ein großer Freund von RSS. Jener Technik die es einem erlaubt, auf einfache Art und Weise Änderungen auf Websites (z.B. neue Beiträge in einem Weblog) mitzuteilen. Mitgeteilt zu bekommen. Und weil das ganze Systen standardisiert ist, habe ich hier eine Technik die Website-Übergreifend funktioniert. Ich kann also Änderungen und auch Neuerungen, ja ganze Teile von Websites, in eine Dritte einbinden. Syndication nennt man das auch.
Aber im Zuge dieses Artikels meine ich speziell, dass ich als Nutzer eine Website "abonnieren" kann und fortan darüber informiert werde, was dort geschieht. Selbstbestimmt und frei. Wie dereinst das Usenet. Aber über das Usenet schreibe ich an anderer Stelle mal.
Schnell entwickelte sich ein Markt für RSS-Feed-Reader, die manchmal wie ein Mail Programm aufgebaut waren und es dem Nutzer erlaubten, komfortabel einen Überblick über alle abonnierten Websites und deren neue Inhalte zu erhalten. Bekannt wurde die Technik mit der vermehrten Nutzung von Weblogs, so ab 2003 rum. Später wurden dann auch Podcasts in RSS inkludiert und so funktioniert das oft noch heute, wenn man z.B. einen Podcast aboniert, es sei denn man sucht in einem großen Verzeichnis wie beispielsweise iTunes, wo die Inhalte zusätzlich noch mal zur Verfügung gestellt werden müssen. Das muss bei RSS nämlich nicht passieren. Hier stelle ich als Website-Besitzer meine Inhalte in Form des Feeds zur Verfügung. Für meine Artikel. Für meine Podcasts. Ja, selbst für die neuen Kommentare kann ich einen Feed zur Verfügung stellen. Und der Benutzer entscheidet ganz selbstständig, was ob und was er abonniert. Und ich habe keinen zusätzlich Aufwand, nur jenen welche ich ohnehin schon für meine Website habe.
Der Mozilla Firefox war damals schnell mein Freund, erlaubte er es doch, so genannte dynamische Lesezeichen zu verwenden. Diese hatte ich kategorisiert und direkt oben in die Symbolleiste integriert. Da gab es dann den Eintrag Computer, Musik oder Apple. Und wenn ich da drauf klickte, erschienen die verschiedenen abonnierten Websites. Unter Computer war das z.B. Heise.de. Ein Klick hierauf zeigte mir ganz dynamisch die aktuellsten Artikel an. Ich musste die Website also nicht besuchen und konnte direkt auf den Artikel klicken, der für mich interessant war. Dann allerdings gelangte ich auf die Website und auf den Artikel.
Ursprünglich war es so, dass der gesamte Artikel als Feed zur Verfügung gestellt wurde. Das war technisch so gewollt, um eben auch diese zuvor beschriebene syndication zu ermöglichen. Schnell aber stellte sich hier ein Misbrauch dar, denn so konnte jemand meine Inhalte bei sich nutzen. Was aus unterschiedlichen Gründen unerwünscht sein kann. Weiterhin hatten große Seiten ein Problem damit, dass Leute ihre gesamten Inhalte in einem Feedreader lasen, aber die eigentliche Website gar nicht mehr besuchten, die Inhalte also in einem dritten Medien konsumiert. Auch das war unter Umständen schädlich für einen Website-Betreiber, wurde doch z.B. Werbung auf der Website von dem jeweiligen Nutzer des Feeds nicht mehr konsumiert, ging so letztendlich das Geld für den Betreiber der Website verloren. Es gab hier durchaus unterschiedlichste Bestrebungen, die Feeds doch mit Werbung des Endkunden anzureichern. Auch gab es irgendwann die Beschränkungen, dass nicht mehr der gesamte Feed gesendet wird, sondern nur noch eine Art Excerpt des Artikels, damit er bei Interesse den gesamten Artikel auf der Website lesen muss. Ähnlich wie ein Hinweis in Twitter auf eine Website heute. Nun…
Mittlerweile nutze ich diese Funktion des Firefox schon lange nicht mehr. Safari bot so ein Feature nie an, die Anzahl an Websites die ich fernab von der damals aufregenden Welt der neu entstehenden Weblogs besuche hält sich arg in Grenzen und nun lese ich überdies, dass Mozilla dieses Feature aus seinem dem Firefox ausgebaut hat. No More Dynamic Bookmarks anymore. Das Ende für RSS ist da. Natürlich nicht, aber zumindest in dieser der Form. Auch höre ich selten von anderen Kollegen, dass sie wieder eine Seite in ihren Feedreader abonniert hätten.
Die Frage ob das jetzt gut oder schlecht ist, kann ich nicht so einfach beantworten. Aber wenn ich darüber nachdenke dass große Websites wie Facebook und Co eigentlich nichts anderes tun, nämlich einen News-Feed anbieten mit Informationen aus unterschiedlichsten Bereichen, bei mir Beispielsweise von Spiegel Online über Heise bis hin zum Postillion, dann bin ich mir nicht sicher ob diese fremdbestimmte Aggregation (oder Aggregierung?) gut ist. Denn ich überlasse ja Facebook mit all seinem Wissen über mich, meinen Vorlieben, meinem Alter, meinem sozialen Status die alleinige macht, mir meinen Newsfeed aufzuzeigen. Im Gegensatz zu früher und zu RSS, wo ich mir das selber ausgewählt habe.
Aber was heißt hier früher? RSS gibt es noch. Nahezu alle bekannten Websites bieten einen RSS-Feed an. Der von apfelhammer.de lautet beispielsweise https://apfelhammer.de/feed.xml
und kann nach wie vor genutzt und abonniert werden.
Google Reader war sozusagen eine Online-Plattform mit der es möglich war, seine Feeds online zu abonnieren. Das, was ich mit der oben geziegten Software Reeder auf meinem Mac machen konnte, ging auch online. Und wenn ich mich dort eingeloggt habe, wurden mir sämtliche neue Artikel all meiner abonnierten Seiten angezeigt. Quasi wie ein Vorgänger von Facebook. Nur, dass ich mir meine News-Ströme eben selber ausgesucht habe. Ich hatte meine News also online jederzeit verfügbar und konnte mich einloggen. Später war es dann auch möglich, das Google News Konto in Reeder zu abonnieren. Und er synchronisierte sich. Somit hatte ich den Vorteil zu Hause an meinem Mac meine News zu lesen, dort auch neue Feeds von Websites abonnieren zu können, welche dann auch Online in meinem Google Reader Account zur Verfügung standen.
Aber sei es drum, Google stellte diesen Dienst bereits im Jahr 2013 ein. Seitdem gab es einige Bestrebungen einen Nachfolger zu finden, aber irgendwie war das schwierig und die goldene Zeit von RSS schien schon vorbei. Denn ob die Software Reeder für den Mac noch aktiv weiter entwickelt wird, ob es eine wirklich gut funktionierende Alternative zu Google Reader mit seiner Import / Export Funktion (OOMPL) gibt, das alles dringt schon nur noch bis zu denen durch, die sich aktiv und mit einem gewissen Aufwand damit beschäftigen.
Gut sein kann das alles nicht. Und da beantworte ich meine eigene Unsicherheit vier Absätze zuvor. Wir schaffen unsere eigenen, offenen Standards ab. Dies tun wir aus unterschiedlichsten Gründen, aber meistens ist es komfort. Dinge selber zu regeln ist immer etwas schwieriger und komplexer, als es sich vorgeben zu lassen. Hier im Sinne von eigenen Newsfeed erstellen und verwalten im Gegensatz zu Facebook beispielsweise. Wir müssen scharf aufpassen. Denn das ganz Ding ist nur ein kleiner Teil einer viel größeren Segregation des Internets. Denn Facebook und Youtube bedeuten für viele Leute heute schon das Internet, sie bewegen sich nur in dieser winzig kleinen Blase - und diese kann nach Belieben durch die gesteuert werden, die über die sensiblen persönlichen Nutzer- und Verhaltensdaten ihrer Kunden verfügen, also Facebook & Co. Und dass dies getan wird, auch fremdbestimmt, das zeigt der Skandal um Cambridge-Analytica. Der Whistleblower Christopher Wylie ist sich sicher, dass über Facebook gezielte Wahlmanipulation betrieben wurde. Vor dem Europaparlament sagte er aus, wie der Konzern versucht haben soll, den Datenskandal zu vertuschen.
Grund genug also den Mut zu haben, sich seines eigenen Verstandes zu bemächtigen!
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