Quo Vadis Ghost CMS
Ich benutze Ghost als CMS für thahipster.de (und HerrMontag.de); ich finde Ghost großartig. Ich bin im Jahr 2015 nach fast 10 jähriger Wordpress-Nutzung zu Ghost migriert und seitdem sehr gern mit ihm zusammen. Wordpress wurde damals immer fetter, Plugins fraßen die Ladezeit auf und Angst essen Seele. (Hier mein allererster Eintrag.)
Ghost muss allerdings auch für ein Geschäftsmodell sorgen – und so hat sich das System mit der Zeit deutlich gewandelt. Aus dem leichtgewichtigen, Markdown-basierten Blogging-Tool wurde zunehmend eine umfassende Publishing-Plattform, deren Fokus immer stärker auf Memberships, Newsletter und bezahlte Inhalte gelegt wurde. Alles Dinge die ich ablehne, ich monetisiere meine Weblogs überhaupt nicht, schalte nicht mal Google Ads.

Was einst als schlankes, Open-Source-Blogsystem gegen die WordPress-Walze antrat, entwickelte sich zu einem Produkt mit klarer kommerzieller Ausrichtung. Besonders seit der Einführung von Ghost(Pro), der gehosteten Variante, wird deutlich, wohin die Reise geht: Ghost will nicht mehr nur ein Werkzeug sein, sondern eine Plattform für Content Creators, Newsletter-Autoren und kleine Medienunternehmen – vor allem im Abo-Modell.
Die technische Entwicklung unterstreicht diesen Kurs. Funktionen wie Mitgliederverwaltung, Stripe-Integration für bezahlte Inhalte, eingebautes E-Mail-Marketing und detaillierte Analytics sind mittlerweile Kernbestandteil. Dafür mussten andere Dinge weichen oder bleiben stiefmütterlich behandelt: Die Pflege klassischer Blogfunktionen, eine differenzierte Rollenverteilung für mehrere Autoren, oder die einfache Individualisierung der Seite – Dinge, die früher selbstverständlich waren, scheinen heute eher zweitrangig.
Auch die technische Infrastruktur wurde komplexer. Wer Ghost heute selbst hostet, merkt schnell: Das ehemals einfache Node.js-Setup erfordert inzwischen Datenbankkenntnisse (MySQL statt SQLite), Konfigurationsmanagement, Reverse Proxys und einen regelmäßigen Blick auf breaking changes bei Major-Releases. Wer Ghost nicht regelmäßig pflegt, fällt schnell zurück – oder wird in die Arme des Ghost(Pro)-Angebots getrieben.
Aber Wordpress, wisst ihr? Das hatte ich ja 2015 schon mal. Es catcht nicht. WordPress ist heute ein Alleskönner, aber auch ein träger Koloss. Die Oberfläche ist überladen, der Blockeditor (Gutenberg) spaltet die Community, und die Abhängigkeit von immer mehr Plugins macht Wartung und Sicherheit zur Daueraufgabe - since 2015 and counting. Von der Performance ganz zu schweigen: Selbst mit Caching und Optimierung ist eine durchschnittliche WordPress-Seite selten so schnell und reaktionsfreudig wie Ghost out of the box.
Ein Hoffnungsschimmer ist ClassicPress – ein Fork von WordPress 4.9, der sich der klassischen, pre-Gutenberg-Ära verschrieben hat. Schlanker, übersichtlicher, weniger übergriffig. Für kleine Seiten oder puristische Blogger eine interessante Alternative. Ich habe ClassicPress ausprobiert – und tatsächlich: es fühlt sich wie WordPress an, wie es früher einmal war. Aber eben auch technisch: veraltet, schwer modern zu halten, mit einer kleinen Community und wenig langfristiger Sicherheit, ob das Projekt dauerhaft durchhält.
All das bringt mich zurück zu Ghost. Trotz aller Kritik bleibt es in Sachen Geschwindigkeit, Klarheit und moderner Nutzererfahrung schwer zu schlagen. Markdown first, reaktionsschnelles Admin-Interface, keine PHP-Fallen, kein Plugin-Chaos, keine versteckten Performance-Killer. Ghost ist immer noch sauber, schnell und durchdacht. Es macht Spaß – zumindest solange man sich mit den aktuellen Entwicklungen arrangieren kann.