Bäm! Apples M1 - und wie er die Welt aufschreckt
Es war zu erwarten, aber wenn es dann einmal so weit ist, dann ist es doch etwas besonderes. Die Rede ist von Apples Wechsel der Architektur (weg von x86) hin zu ARM. Und der damit verbundenen gestrigen Vorstellung des Apple M1 Chips. Dem ersten vollständig eigenen Prozessor seitens Apple in einem Computer.
Apple baut nämlich die auch auf ARM basierenden Chips ihrer Mobilfunktelefone seit dem A4 schon immer selbst. Deshalb läuft auch macOS schon sehr lange auf ARM, denn nichts anderes ist iOS. Ein spezielles macOS. Und weil Intel es ganz ähnlich wie IBM damals mit dem PowerPC nicht gebacken bekommt den nächsten Schritt zu vollziehen, also weniger Abwärme, mehr Leistung, bessere Grafikintegration etc., geht Apple nun den logischen nächsten Schritt: sie nehmen all ihr Know-How zusammen und bauen den besten Computerchip, der aktuell existiert.
Leider gibt es noch nicht viele Informationen an echten nackten Zahlen, aber es gibt Gerüchte und halbseidenen Informationen, auf die wir uns beziehen können :-) So gibt es zum Beispiel Geekbench 5 Werte. Wir erinnern uns an meine Gegenüberstellung aktueller Mac-Produkte und deren Geekbench-Werte aus dem letzten Artikel? Der neue M1 erreicht unglaubliche 1634 Geekbench 5 Punkte im Single-Core und hat damit eine bessere Leistung als jeder Prozessor der Welt. Der M1 ist mit 1,8 GHz getaktet und erreicht 3,10 GHz im Turbo-Modus.
Produkt | Single Core | Multi Core | ca. Preis |
---|---|---|---|
mein MacPro 2013 3,5 GHz XEON | 814 | 4607 | 1500€ |
mein MacBook Pro 2016 i5 (2,9 GHz)* | 772 | 1828 | 800€ |
mein MacPro 5,1 (2x3,33 GHz)* | 654 | 6752 | 1000€ |
iMac 2017 Core i7 4,2 Ghz | 1119 | 4559 | 2000€ |
iMac 2019 Core i5 3 GHz | 1011 | 4849 | 2000€ |
MacMini 2018 Core i7 | 1117 | 5621 | 1300€ |
MacPro 2019 28-Core XEON | 1135 | 19174 | 14861,15€ |
iPhone 12 Pro A14 Bionic | 1595 | 3880 | 1600€ |
MacMini 2020 8-Core M1** | 1634 | 7220 | 779€ |
* Werte mit Stern sind selbst gemessen, alle anderen Werte stammen aus der Datenbank von everymac.com und sind Modalwerte.
** Quelle der inoffiziellen Werte für den M1.
Und hier deutet sich schon an, was Apple-Silicon zu leisten vermag: das stärkste iPhone 12 erreicht bereits fast 1600 Punkte, und der M1 setzt noch mal einen drauf. Verglichen mit aktuellen Computern schafft das der M1 eins aber bei der hälfte des Stromverbrauchs bei mindestens 100% mehr Leistung als bisher. Das ist einfach unglaublich.
Der neue M1 erreicht also den doppelten Single-Core-Wert im Vergleich zu meinem MacPro 2013 und setzt auch beim Multicore 2613 Punkte drauf. Ohne Hyperthreading, mit 8 (echten) Kernen. Der MacMini M1 steckt den bisherigen stärksten MacMini mit Core i7 locker in die Tasche, Single und Multicore-mäßig- Für weniger als die Hälfte des Preises. Es ist ein kleiner Erdrutsch. Und nicht nur im MacMini, Apple baut den M1 in das Macbook Air, das MacBook Pro und den MacMini ein. Zunächst. Apple hat es überdies geschafft, Thunderbolt an ARM dran zu flanschen. Denn der Wechsel der Architektur bedeutet ja nicht nur den Wechsel des Prozessors, sondern auch des kompletten Chipsets etc., und Thunderbolt ist eigentlich INTEL/Apple-Sache. Es gibt zwar auch mittlerweile AMD Boards mit Thunderbolt, aber definitiv bisher kein ARM. Der alte MacMini hatte 4 Thunderbolt3 Schnittstellen, der neue M1 MacMini hat 2 Thunderbolt/USB4 Schnittstellen.
Es gibt aktuell natürlich noch schnellere Prozessoren von Intel, so zum Beispiel der Core i9-9900K, der bei einigen Benchmarks den M1 besiegt. Allerdings taktet der i9 mit 8 x 3,6 GHz, wobei hier das Ende der Fahnenstange bereits erreicht sein dürfte. Der M1 fängt mit 1,8 GHz gerade erst an. Denkbar sind ARMs mit 28 Cores, diese werden dann bei linearer Steigerung sogar den MacPro 2019 überholen. Und wie gesagt, bei der Single-Core-Leistung ist der M1 auch jetzt schon ein extrem schneller Chip. Gar nicht auszudenken, was ein M2 leisten wird und ob die x86-Welt, also INTEL, Paroli bieten können. Denn AMD hat mit den legendären RYZEN Threadripper Prozessoren ganz aktuell nicht nur Intel das Fürchten gelehrt, sondern generell die Performance-Krone. Es bleibt also spannend.
Aber natürlich gibt es bei all dem Spaß auch Schwierigkeiten zu berichten, das ist ganz normal wenn man die Architektur wechselt. Hardwarenahe Dinge werden nicht funktionieren. Es gibt zum Beispiel kein Bootcamp mehr, weil Windows einen x86-Prozessor von INTEL oder AMD benötigt. Vorerst also kein Windows 10 auf dem Mac M1. Zwar gibt es Windows 10 auch für ARM, aber auch das steckt in den Kinderschuhen und wann Apple und Microsoft eine Kooperation dafür schließen, Windows für Arm offiziell auf dem Mac zu supporten, das steht in den Sternen. Weiterhin laufen Sachen zur Virtualisierung nicht, oder nur sehr eingeschränkt. Also VMWare oder Virtual Box. Wenn man öfter mal ein System virtualisiert, sollte man hier noch warten. Irgendwann kann man Architekturen sicher wieder komplett emulieren, das ging auch früher schon, damals reichte aber die Leistung nicht für sinnvolles Arbeiten aus. Und zu forderst müssen sowieso erst mal alle Software-Hersteller ihre Software auf macOS für ARM anpassen. Aber dann wirds cool.
[…] Künftig nicht mehr möglich ist die Verwendung von eGPUs für Spiele oder grafikintensive Anwendungen. Deren Unterstützung wurde kommentarlos gestrichen, wie ebenfalls aus den Specs hervorgeht. Nur bei den Intel-Maschinen wird die von Apple vertriebene Blackmagic eGPU als kompatibles Zubehör geführt. Eine entsprechende Bestätigung kam kurz darauf von Apple selbst. [Quelle]
Sicher wird es noch sehr lange sehr gute Gründe für Intel und AMD und damit x86 geben, aber durch die Einführung des M1 als ARM-Prozessor in Consumer-Computern (lassen wir das kleinste MacBook Pro mal außen vor) mit einer derart starken Leistung bläst den beiden Platzhirschen ein starker Wind entgegen. Windows für ARM gibt es auch bereits schon länger und auch hier lassen sich sehr gute Werte erreichen (Artikel). Auch dort gilt natürlich, dass sämtliche Softwarehäuser ihre großen Softwareprodukte portieren müssen, aber das ist überall so und wird bald abgeschlossen sein.
Mich interessiert hier vor allem eins, nämlich ob x86 und ARM parallel den PC-Markt nach vorne bringen können oder ob die Fragmentierung, die jetzt durch die Aufspaltung der Plattformen beginnt, das Gegenteil bewirkt. Dies ist die Frage, welche wahrscheinlich ganz von alleine in den nächsten Jahre beantwortet werden wird.
Es bleibt spannend.